Der Normenkontrollrat der Bundesregierung ruft die Politik dazu auf, ihre Anstrengungen bei der Digitalisierung der Verwaltung zu verstärken. Im internationalen Vergleich sei Deutschland „weiter abgerutscht“, es habe sich ein „strukturelles Defizit“ aufgebaut, schreibt das Beratungsgremium in seinem Bericht zur „Digitalen Verwaltung“, der diese Woche veröffentlicht werden soll und dem Handelsblatt vorliegt. Der Normenkontrollrat prüft die Umsetzung des 2017 beschlossenen Onlinezugangsgesetzes. Dieses gibt das Ziel aus, dass von 2022 an alle wichtigen Verwaltungsleistungen auch in digitaler Form angeboten werden sollen – der Kindergeldantrag ebenso wie die Bestellung eines neuen Personalausweises oder die Gründung eines Unternehmens.
Das Vorhaben ist hochambitioniert, denn es umfasst alle Ebenen des Staates: Bund, Länder, Kommunen. Drei Jahre bleiben noch, doch di e Umsetzung gelingt, ist immer noch unklar. „Wir sind noch nicht an dem Punkt, an dem wir sagen können: Das klappt“, sagte Normenkontrollrats-Chef Johannes Ludewig dem Handelsblatt. Wenigstens hat aus Sicht des Normenkontrollrats „in der Politik das Problembewusstsein zugenommen“.
Andere Länder zeigten, wie es besser gehe. In Estland etwa sei es möglich, ein Unternehmen bequem im Onlineverfahren zu gründen. Der Normenkontrollrat hält daher fest: „Digitale Verwaltung ist ein Standortfaktor, den Deutschland verspielt, wenn es solche Angebote nicht selbst in hohem Tempo bereitstellt.“ Doch in der Digitalwirtschaft schwindet der Glaube an das Gelingen der Verwaltungsreform. „Dass bis 2022 tatsächlich alle 575 Verwaltungsdienstleistungen online angeboten werden, halten wir für unrealistisch“, sagte Verbandspräsident Achim Berg dem Handelsblatt. Zu viele Fragen seien unbeantwortet, „etwa im Hinblick auf das Management der föderalen IT-Ar chitektur und die Standardisierung von Schnittstellen“.