Fast zwei Jahre nach dem Inkrafttreten des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG) fordern Digitalpolitiker von Koalition und Opposition ein europäisches Vorgehen im Kampf gegen Hass und Hetze im Internet.
Dass Hass im Netz zunehme, sei tatsächlich europaweit zu beobachten. „Deswegen wäre es sicherlich sinnvoll, hier auch auf europäischer Ebene tätig zu werden“, sagte die Vize-Chefin der Unions-Bundestagsfraktion, Nadine Schön (CDU), dem Handelsblatt.
Der SPD-Digitalpolitiker Jens Zimmermann erklärte, das NetzDG habe die Diskussion in Europa vorangebracht. „Deshalb sind europäische Lösungen heute absolut denkbar“, sagte Zimmermann dem Handelsblatt. Auch die Grünen-Digitalpolitikerin Tabea Rößner befürwortet eine EU-weite Regelung. „Wir sollten bei allen bestehenden Problemen nicht zurück in die nationalen Kleingärten verfallen“, sagte Rößner dem Handelsblatt. „Das Internet ist global und das Problem von Hass und Hetze im Internet ist es auch, deshalb brauchen wir auch einen übergeordneten Ansatz, und der liegt derzeit auf der europäischen Ebene.“ Die Bundesregierung müsse diesem Thema bei der kommenden deutschen Ratspräsidentschaft eine „hohe Priorität“ einräumen, so Rößner.
Die Digitalverbände Bitkom und eco zeigten sich offen für europäische Lösungen. „Grundsätzlich wäre eine EU-weite Regelung zur Bekämpfung von Hass im Internet sehr viel sinnvoller“, sagte Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder dem Handelsblatt. „Nationale Alleingänge wie das NetzDG in Deutschland oder das Gesetzesvorhaben in Frankreich führen zu einer weiteren Fragmentierung innerhalb der EU und erschweren die Suche nach gemeinsamen Regeln gegen Hasskriminalität.“ Der Vorstandsvorsitzende des eco-Verbandes der Internetwirtschaft, Oliver Süme, hält eine EU-weit geltend e Regelungsgrundlage vor allem mit Blick auf den europäischen Binnenmarkt für erstrebenswert. „Jedoch stünden in diesem Kontext langwierige zähe Verhandlungen bevor“, sagte Süme dem Handelsblatt.
Der Deutsche Richterbund sieht eine mögliche europäische Lösung skeptisch. „Der Weg über Europa hat den großen Nachteil, dass es noch einige Jahre dauern dürfte, bis neue Regeln in Kraft treten können, zumal viele Fragen noch strittig sind“, sagte Bundesgeschäftsführer Sven Rebehn dem Handelsblatt. „Ich glaube nicht, dass es den Betroffenen von Hass und Hetze im Netz zuzumuten ist, noch zwei oder drei Jahre auf Europa zu warten.“ Es brauche „sofort wirksame Lösungen“. Es sei daher richtig, so Rebehn weiter, dass die Bundesregierung Facebook und Co. gesetzlich stärker in die Pflicht nehmen wolle, bei Hasskriminalität und anderen Straftaten auf ihren Plattformen aktiv zu werden.
Es gibt keinen „Hass“ als Tatbestand im StGB, alles, was wir als Hass kriminalisieren können, können wir mit den bereits vorhandenen Tatbeständen abdecken. Das NetzDG ist überdies verfassungswidrig. Genauso verfassungs- und sinnwidrig wäre nun die NetzDG 2.0-Vorlage oder ein Anti-Hass-Gesetz.