Dass der Bund offenbar Mitarbeitern von Behörden und Ministerien bei Dienstreisen mit der Bahn in den nächsten Monaten einen leeren Nachbarplatz zahlen will, stößt auf scharfe Kritik bei Verbraucherschützern.
„Ein unglaublicher Vorschlag“, sagte die Leiterin des Teams Mobilität und Reisen beim Verbraucherzentrale Bundesverbands (VZBV), Marion Jungbluth, dem Handelsblatt. „Sollte der Bund für seine Mitarbeiter sogar Sonderkonditionen bei der Deutschen Bahn AG, die zu 100 Prozent im Eigentum des Bundes ist, erhalten, wäre das eine krasse Vorteilnahme.“
Gesundheitsschutz dürfe keine Frage des Geldbeutels oder der Großzügigkeit des Arbeitgebers sein, betonte Jungbluth. „Wenn das Infektionsrisiko dadurch maßgeblich gesenkt werden kann, dann muss das Freihalten von Nebenplätzen für alle verpflichtend eingeführt werden.“ Allerdings stelle sich dann die Frage, wieso der freie Nebenplatz und nicht die vordere und hintere Reihe vor Ansteckung schützen soll. Unklar sei zudem, wie ein zusätzliches Ticket für einen nicht besetzten Platz in einem vollen Zug wirklich genutzt werden solle. „Sollen dann Mitreisende sich neben den freien Platz stellen?“
Hintergrund ist ein Bericht der „Süddeutschen Zeitung“, wonach der Bund Behördenmitarbeitern einen leeren Nachbarplatz bei Bahnreisen finanzieren will, um die Bediensteten vor einer möglichen Corona-Infektion zu schützen. Für Bahnfahrten könne ein zusätzlicher Nachbarplatz gebucht werden, heißt es demnach in einem Schreiben des Bundesinnenministeriums an die Obersten Bundesbehörden. Dies solle im Sinne des Infektionsschutzes einen größeren Abstand zu den Mitreisenden gewährleisten. Das soll zunächst befristet bis Ende März gelten.