Die portugiesische EU-Ratspräsidentschaft unternimmt einen Versuch, die Finanztransaktionssteuer in der Staatengemeinschaft doch noch schrittweise einzuführen:
Dazu hat der Europäische Rat ein Papier mit der nüchternen Überschrift „Finanztransaktionssteuer – der Weg nach vorne“ erarbeitet, das dem Handelsblatt vorliegt. Die Vorlage für die 27 Finanzminister sieht vor, die bereits existierenden Finanztransaktionssteuern aus Frankreich und Italien zu kombinieren. Wörtlich heißt es in der Vorlage für den Rat für Wirtschaft und Finanzen (Ecofin): „Es scheint eine gute Gelegenheit zu sein, eine allgemeine konzeptionelle Diskussion über die Ausgestaltung der Finanztransaktionssteuer in einem inklusiven Format zu führen.“ Das Hauptziel des Ratsvorsitzes sei es, Wege für einen möglichen Konsens über ein effizientes Modell der Finanztransaktionssteuer aufzuspüren.
Künftig sollen dem Papier zufolge Aktien und Derivate besteuert werden. „Die französischen und italienischen Erfahrungen sind besonders paradigmatisch. Sowohl Frankreich als auch Italien haben sich auf die Besteuerung von Aktientransaktionen konzentriert (im Falle Italiens auch auf Transaktionen mit Aktienderivaten)“, heißt es in der Vorlage für die Finanzminister. In Italien fällt seit 2013 eine Finanztransaktionssteuer beim Kauf von Aktien und ähnlichen Wertpapieren an. Sie beinhaltet auch die Besteuerung von Transaktionen mit Derivaten. Die französische Finanztransaktionssteuer wurde bereits vor neun Jahren eingeführt. Die Steuer wird auf den Kauf von Aktien oder ähnlichen Wertpapieren von Unternehmen in Frankreich erhoben.
Bereits vor zehn Jahren legte die EU-Kommission ihren ersten Vorschlag zur Finanztransaktionssteuer vor – und scheiterte damit. 2018 ging Bundesfinanzminister Olaf Scholz mit einem Kompromissvorschlag auf EU-Ebene in die Offensive und musste zwei Jahre später ebenfalls seine Niederlage eingestehen. Der Widerstand etlicher Mitgliedstaaten, insbesondere Österreichs, war zu groß.
Auch die neue Initiative des portugiesischen Ratsvorsitzes stößt bereits auf Kritik – bei Finanzexperten im EU-Parlaments. „Das französische Modell ist die denkbar schlechteste Blaupause für eine europäische Finanztransaktionssteuer, denn sie trifft ausschließlich europäische Unternehmen und klammert Hochfrequenzhändler aus“, sagte der wirtschaftspolitische Sprecher der Europäischen Volkspartei (EVP), Markus Ferber, dem Handelsblatt in Brüssel. „Mit dem portugiesischen Ansatz einer Finanztransaktionssteuer wird der Kleinsparer zur Kasse gebeten, aber nicht die Verursacher der Finanzkrise vor zwölf Jahren.“