Alljährlich veröffentlicht die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz e.V. (DSW) eine Liste der 50 Prime Standard Aktien mit der schlechtesten Performance der letzten Jahre – in vielen Medien auch „Größte Kapitalvernichter“ bezeichnet. Für das vergangene Kalenderjahr wird die Liste von prominenten Vertretern der Solarbranche angeführt, aber auch DAX Konzerne wie Commerzbank, E.on, Metro und RWE sind enthalten.
Wenn von den größten Kapitalvernichtern gesprochen wird, dann muss einschränkend festgehalten werden, dass die Liste einen „survivor bias“ hat, weil insolvente Unternehmen, die vom Kurszettel verschwinden, nicht enthalten sind, wenngleich die Kapitalvernichtung in diesen Fällen final und erfahrungsgemäß am Größten ist.
Einige der in der Liste enthaltenen „schlechten“ Aktien schaffen es sogar erfolgreich aus der „Schwarzen Liste“ und in den diesjährigen Top 20 gibt es sogar zwei Aktien mit positiver Aktienperformance: Fantastic Company mit +54% und die Commerzbank AG mit +7%.
Damit kurzfristige Schwankungen, wie sie an Börsen regelmäßig zu beobachten sind, nicht stark in die Bewertung eingehen, wird hauptsächlich die Aktienperformance der vergangenen fünf Jahre betrachtet, jedoch ohne Berücksichtigung von Dividenden und Sonderausschüttungen.
Kritisch zu sehen ist, dass die Liste der schlechten Aktienentwicklungen hinterher läuft und somit keine Prognosefunktion hat. Unter Value Investoren sind jedoch Investmentstrategien verbreitet, die darauf basieren, dass die Börsen regelmäßig Entwicklungen kursmäßig nach oben und unten übertreiben. So kann man davon ausgehen, dass Unternehmen mit dramatischen Kursverlusten, deren Geschäftsmodell intakt ist, die Rendite-Kandidaten der Zukunft sind. Wichtig ist aber eine sorgfältige Analyse der Krisenursachen und des Managements, denn schablonenhafte Entscheidungskriterien bergen das Risiko, Geld mit zunächst steigenden Aktien zu verlieren (wie der Trend in der Solarbranche) oder in der sogenannten Value-Trap zu sitzen, in der sich ein fundamental gesundes Investment einfach nicht mehr aus dem Kurstief erholt.
Die DSW Analyse basiert auf einer Punkteberechnung (max. 1.000) der Aktienperformance für ein, drei und fünf Jahre im Vergleich zur Grundgesamtheit von Prime Standard Aktien an der Frankfurter Wertpapierbörse. Der Punktestand zeigt jedoch nicht an, ob mit der Aktie Geld verdient oder verloren wurde, weil es eine relative Kennzahl ist und eine „buy-and-hold“-Situation unterstellt wird. Die grundsätzlich richtige langfristige Perspektive widerspricht jedoch der Praxis, wonach die mittlere Haltedauer von Aktien bei institutionellen Investoren weniger als ein Jahr beträgt. Durch Kauf und Verkaufsentscheidungen (sogenanntes Trading) könnte und kann also auch mit den „größten Kapitalvernichtern“ Geld verdient werden.