Konflikte und Verfolgung bewegten 2015 und 2016 deutlich mehr Menschen zur Flucht nach Europa als wirtschaftliche Gründe oder Naturkatastrophen.
Das ist das Ergebnis einer Studie des ifo Instituts. Sie analysiert erstmals umfassend Befragungsdaten von Menschen, die sich 2015 und 2016 auf der Flucht befanden. 77 Prozent der Befragten geben Konflikte im Heimatland als Hauptursache an, 21 Prozent wirtschaftliche Gründe, 2 Prozent Naturkatastrophen oder andere Gründe.
„Unsere Ergebnisse schaffen Transparenz und Objektivität in der Debatte“, sagt Panu Poutvaara, Leiter des ifo Zentrums für Internationalen Institutionenvergleich und Migrationsforschung. „Anders als oft angenommen zeigen wir, dass die Flüchtlinge vor den Konflikten, die 2015 und 2016 über das Mittelmeer kamen, besser ausgebildet sind als der jeweilige Durchschnitt in ihren Ursprungsländern. Wir studieren auch, wie sich die Demografie der Flüchtlinge unterscheidet von jenen, die in ihrer Heimat geblieben sind. Darüber hinaus liefern wir Anhaltspunkte für geeignete Integrationsmaßnahmen im Zielland.“
Poutvaara und sein Ko-Autor Cevat Giray Aksoy, leitender Ökonom bei der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung, haben die anonymisierten Antworten von Migranten ausgewertet, die zwischen 2015 und 2016 über die Mittelmeerrouten in Europa ankamen. Die Motivation, das Heimatland zu verlassen, ist sehr unterschiedlich, je nachdem woher die Migranten stammen: Mehr als 90 Prozent der Antwortenden aus Afghanistan, Irak, Somalia, Sudan und Syrien flohen aufgrund von Konflikten in ihrem Heimatland, während dieses Motiv für weniger als 10 Prozent der Befragten aus Algerien und Marokko entscheidend war.
Weitere Ergebnisse der Studie geben Einblick in die sozio-demografische Zusammensetzung der Migranten: Mehr als 80 Prozent, die in europäischen Transitzentren interviewt wurden, sind Männer. Zudem verlassen mehr junge Leute ihr Heimatland als alte. Geflüchtete aus Krisenländern sind im Durchschnitt besser gebildet und haben ein höheres Einkommen als diejenigen die zuhause zurückgeblieben sind. Das gleiche gilt für Frauen, die aus wirtschaftlichen Gründen gekommen sind. Auch sie besitzen eine bessere Bildung als Frauen, die im Herkunftsland geblieben sind. 61 Prozent derer, die in Bulgarien, Kroatien, Griechenland, Ungarn, Nord-Mazedonien, Serbien und Slowenien befragt wurden, gaben Deutschland als Ziel an.