Vor der Videoschalte der europäischen Staats- und Regierungschefs fordert die deutsche Wirtschaft eine „frühestmögliche“ Wiederöffnung der EU-Binnengrenzen.
Die zur Eindämmung des Coronavirus beschlossenen Teilschließungen der Grenzen hätten Teile des Binnenmarkts „de facto ausgehebelt“, klagt der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) in einem Positionspapier, das dem Handelsblatt vorliegt. Ein „Neustart aus der Krise“ könne nur gelingen, „wenn die europaweite Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen wieder durchgreifend ermöglicht wird“.
Etliche Staaten hatten Einreisebeschränkungen im Schengenraum eingeführt, für Deutschland ordnete das Bundesinnenministerium zunächst bis zum 4. Mai Kontrollen an. „Wir erleben deshalb stehende Lastwagen mit Gütern an den Ländergrenzen. Waren kommen nicht ins Nachbarland“, kritisiert der DIHK. Auch für Pendler und Dienstleister sieht der Verband Probleme: Viele Mitgliedsstaaten erlaubten zwar die Einreise von Fachkräften in systemrelevanten Berufen, jedes Land definiere aber anders, was darunter falle. „Bei allem Verständnis für erforderliche Einschränkungen: Ein Binnenmarkt mit seinen vier Grundfreiheiten muss auch im Krisenfall funktionieren können“, schreibt der DIHK.
Auch die Autoindustrie warnt vor Problemen: Sigrid de Vries, Generalsekretärin des europäischen Zuliefererverbandes Clepa, betont, die Industrie sei auf weitgehend reibungslos funktionierende Logistikketten angewiesen – die Beschränkungen für die Freizügigkeit von Waren und Arbeitskräften seien daher „ein Grund zur Sorge“ und sollten „so schnell wie möglich“ aufgehoben werden. Zuvor hatten auch VDA-Präsidentin Hildegard Müller und BDI-Chef Dieter Kempf gewarnt, dauerhafte Grenzschließungen setzten die Erholung aufs Spiel.