Eine Gruppe von Wissenschaftlern hat sich für einen Corona-Aktionsplan in Europa ausgesprochen.
Angesichts der hohen Fallzahlen und der neuen Virusvarianten sei es erforderlich, die Eindämmung auf dem ganzen Kontinent zu verstärken. Die Fallzahlen müssten so schnell wie möglich verringert werden, denn dies habe große Vorteile für Gesellschaft und Wirtschaft. Ein gemeinsames Handeln aller europäischen Länder werde jede nationale und örtliche Anstrengung wirkungsvoller machen, heißt es in dem Papier, das die britische Medizin-Zeitschrift „The Lancet“ veröffentlicht hat.
Zu der Gruppe gehören unter anderen Viola Priesemann vom Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation in Göttingen, Melanie Brinkmann vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig, und Andreas Peichl vom ifo Institut. „Entschlossenes und koordiniertes europäisches Vorgehen gegen die Pandemie ist wegen der engen grenzüberschreitenden wirtschaftlichen Verflechtung in Europa auch aus ökonomischer Sicht erforderlich“, sagt Peichl.
Die Wissenschaftler fordern, die Zahl der Ansteckungskontakte zwischen den Menschen zu verringern, zum Beispiel Homeoffice und Online-Unterricht zu verbessern. Auch sollten „kleine, stabile soziale Blasen“ und stabile Gruppen zu Hause und am Arbeitsplatz bevorzugt werden gegenüber ständig wechselnden Kontakten.
Ansteckungen müssten auch verhindert werden durch Abstandhalten, Hygienemaßnahmen, Gesichtsmasken sowie Belüftung und Verwendung von Filtern. Die Menschen sollten geschlossene und überfüllte Räume vermeiden. Sie sollten zu Hause bleiben, wenn Symptome aufträten. FFP2-Masken müssten zur Verfügung gestellt werden für Bedürftige und für alle, die nicht von zu Hause aus arbeiten könnten.
Außerdem sollten kostenlose Tests an Schulen und Arbeitsplätzen angeboten werden, um Ausbrüche frühzeitig zu erkennen und Menschen zu schützen. Die Testkapazitäten müssten erhöht werden, um die Nachfrage zu decken; eine Überwachung des Abwassers müsse genutzt werden, um örtliche Ausbrüche zu erkennen. Schließlich sollten auch mehr Abstriche auf die neuen SARS-CoV-2 Varianten überprüft werden.
Der Reiseverkehr innerhalb von Staaten und über die Landesgrenzen hinweg müsse auf das Nötigste verringert werden. Tests und Quarantäne sollten von grenzüberschreitenden Reisenden verlangt werden, Tests 24 Stunden vor der Reise und 7 bis10 Tage nach der Reise.
Auch müssten der Schutz und die Unterstützung von älteren Menschen und gefährdeten Gruppen verbessert werden. Niedrige Fallzahlen und insbesondere eine niedrige Dunkelziffer verringerten die Risiken der Einschleppung deutlich. Außerdem müssten Impfungen beschleunigt werden und die Produktion von Impfstoffen erhöht werden. Auch unter Geimpften müssten Ansteckungen überwacht werden, um eine mögliche Neuansteckung mit neuen Varianten so schnell wie möglich zu erkennen.
Papier: „Aktionsplan für einen europaweit koordinierten Schutz vor neuen SARS-CoV-2-Varianten“, von Viola Priesemann, Melanie Brinkmann, Andreas Peichl und anderen
Nachzulesen hier: https://www.thelancet.com/